So langsam trudeln viele wieder aus dem Urlaub zurück. Andere brechen jetzt erst auf, weil sie lieber die Zeit außerhalb der Ferien nutzen.
Wie geht es Dir – jetzt in den ersten Tagen oder Wochen nach dem Urlaub? Bist Du gut erholt? Hast Du gute Vorsätze gefasst? Wie gut gelingt es Dir, die Erholung und positive Energie aus dem Urlaub auch im Alltag zu leben? Darum geht es im heutigen Beitrag. Der neudeutsche Fachbegriff, der damit verbunden ist, lautet „Work-Life-Balance“. Die Frage, die sich stellt: Gibt es eine Balance zwischen „Leben“ und „Arbeit“? Kann es sie überhaupt geben – oder ist schon die Fragestellung völliger Quatsch?
Noch klingt der Urlaub nach, und Du erinnerst Dich vielleicht an laue Sommerabende am Mittelmeer oder an Sonnenuntergänge hinter einer gigantischen Bergkulisse. Wahrscheinlich hattest Du Glück und bist, so wie wir, aus dem Urlaub direkt in diesem traumhaften Altweibersommer hier zuhause gelandet und kannst jetzt auch noch davon zehren. Aber die Vorboten der kommenden dunklen und kalten Jahreszeit sind irgendwie doch schon zu spüren, in den Schaufenstern der Kaufhäuser, in denen die Puppen schon dicke Pullover, Schals und Mützen tragen oder in den Supermärkten, wo man seit einer Woche schon Spekulatius kaufen kann…
Das gute Gefühl herüberretten
Natürlich drängt sich die Frage auf, wie wir möglichst viel von unserem Urlaubsgefühl erhalten – herüberretten – können, in den kalten, grauen Alltag. Da gibt es viele Ideen, sicher hast Du die eine oder andere davon schon ausprobiert:
- Nimm ein Mitbringsel aus dem Urlaub mit ins Büro und platziere es an Deinem Arbeitsplatz so, dass Du es immer wieder sehen kannst. Eine Muschel, eine Postkarte, irgendein Andenken – es darf auch kitschig sein! Hauptsache, es weckt ein gutes Gefühl in Dir und erinnert Dich daran, ab und zu innezuhalten und tief durchzuatmen. Das Gleiche geht natürlich auch zuhause…
- Lade Deine Freunde ein und bereite ein Essen nach Rezepten Deines Urlaubsortes. Hol‘ Dir das Urlaubsgefühl mit allen Sinnen zurück.
- Gestalte ein Fotobuch oder Album mit Deinen Lieblings-Bildern und Erinnerungen, so dass Du sie immer zur Hand hast.
- Höre Musik, die dich an Deinen Urlaub erinnert. Schließe die Augen und lasse die Bilder entstehen…
Dies sind nur ein paar Anregungen, wie Du etwas Urlaub mit nach Hause bringen kannst.
Work-Life-Balance?!
Worum geht es hier wirklich? Fast könnte man glauben, zuhause wäre alles grässlich und nur im Urlaub ist es schön. Ähnliches impliziert der Begriff „Work-Life-Balance“: Als wären „Leben“ und „Arbeit“ entgegengesetzte Pole, zwischen denen wir hin und her pendeln. Und die Balance „finden“ müssten. Ist das so?
Ich sage: Nein. Und damit stehe ich auch nicht alleine da. Auch Psychologen und Resilienzforscher bestätigen, dass nicht diejenigen besser mit den Herausforderungen des Lebens zurechtkommen, die mehr Freizeit haben und entspannter sind, sondern die, die sich an die verschiedensten Situationen im Leben anpassen können. Deswegen ist es wichtig, sich nicht nur auf’s Wochenende oder auf den Urlaub zu freuen, um dann endlich loszulassen und die Akkus wieder aufzuladen, sondern Gesundheit, Spaß, Freude und Motivation im ganzen Leben zu suchen. Denn Arbeit ist auch Leben. Genauso wie Haushalt, Schularbeiten, Freizeitstress, Krankheit, Streit und vieles mehr.
Die meisten Menschen ziehen sehr viel Kraft und Energie aus ihrem Beruf. Hier können sie zeigen, was sie draufhaben. Sie können etwas verändern, bewegen, vielleicht sogar Gutes tun oder Spuren hinterlassen. Das baut auf. Auch in anderen Bereichen des Lebens zeigt sich, dass die meisten Menschen erst wirklich zufrieden und glücklich sind, wenn sie gefordert werden. Immer nur „Entspannung“, nur laue Sommerabende mit leuchtend roten Sonnenuntergängen machen auf die Dauer müde und träge. Wir Menschen brauchen den Wechsel, wir brauchen Aufgaben und Herausforderungen, sonst gehen wir ein wie Primeln. Und auch manche auf den ersten Blick weniger schöne „Herausforderung“ – eine Krise oder Krankheit – hat ihre guten Seiten und bringt uns dazu, die Dinge einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten und vielleicht den Kompass neu zu stellen.
Jon Kabat-Zinn, der „Erfinder“ des Achtsamkeitsprogramms „MBSR“ (Mindfulness based Stress Reduction) hat deswegen seinem Standardwerk über Achtsamkeit den schönen Namen „Full Catastrophe Living“ gegeben. In diesem Titel schwingt die Überzeugung mit, dass alles, was uns begegnet, zum Leben gehört: Die „ganze Katastrophe“, die großen wie die kleinen. Dass Leben nicht nur dann stattfindet, wenn es uns gut geht. Und dass es nicht darum geht, einen mathematisch präzisen Ausgleich (Balance) zwischen den verschiedenen Lebensbereichen zu finden, sondern damit umzugehen und die Dinge so anzunehmen, wie sie kommen. Statt des statischen Begriffs des „Ausbalanciertseins“ zwischen Arbeit auf der einen und Leben auf der anderen Seite, sollten wir lernen, mitzuschwingen und angemessen, flexibel auf die Dinge zu reagieren, die uns geschehen.
Also: Leben ist immer. Nicht nur im Urlaub. Deswegen: Kopf hoch. Schau Dich doch gleich einmal um. Da sind Menschen, denen es ähnlich geht wie Dir. Wie wäre es mit einem kurzen Plausch auf dem Gang? Oder einer gemeinsamen Mittagspause? Vielleicht sogar ein Spaziergang in der Sonne, zur nächsten Eisdiele. Dabei könnt Ihr Euch von Eurem Leben erzählen. Ja, auch vom Urlaub 🙂
Übung: Der Tänzer
Und um selbst einmal zu spüren, was „Balance“ wirklich ist, nämlich ein Ergebnis von stetiger Bewegung, stell‘ Dich doch einmal auf ein Bein. Hier eine schöne (Yoga-)Übung, die Dir vermitteln soll, wie leicht, spielerisch und beweglich Balance auch sein kann – der Tänzer:
Der Tänzer (Nataranjasana)
Zunächst finde eine bequeme, aufgerichtete Standhaltung. Atme ruhig und gleichmäßig und richte Dich einatmend aus der Wirbelsäule heraus auf. Achte darauf, während der ganzen Übung aufgerichtet, aber nicht starr zu bleiben. Richte Deinen Blick ganz leicht auf einen Punkt vor Dir, der sich nicht bewegt. Lass den Atem einfach fließen, ohne ihn zu verändern.
Wenn Du so weit bist, verlagere das Gewicht auf Deinen linken Fuß und hebe den rechten Fuß nach hinten hoch. Umfasse das Fußgelenk oder den Fußspann mit der rechten Hand. Hebe den linken Arm hoch in die Luft. Nun hebe den rechten Fuß und das Knie an und komme mit der Wirbelsäule in eine leichte Rückbeuge. Der Oberkörper neigt sich leicht nach vorne. Bleibe locker im Standbein. Spüre, wie Dein Körper sich leicht bewegt, um in Balance zu bleiben. Atme. Lächele…
Wiederhole die Übung zur anderen Seite. Du wirst wahrscheinlich feststellen, dass Dir diese Übung je nach Seite, Tagesform oder Tageszeit unterschiedlich leicht fällt. Auch das gehört dazu, zum Thema Balance.